27.08.16 - von Dresden auf die Bastei - die Entschleunigung des Seins



Noch vor ein paar Monaten habe ich mir am Wochenende die Nächte in den Clubs dieser Stadt um die Ohren geschlagen. Immer auf der Suche nach Spaß, Action und der ultimativen Nacht. Dann kam bei mir irgendwann der Umschwung. Diese Clubbingsache gibt mir einfach nichts mehr. Ich habe jeden Club gesehen, die Musik klingt doch eh immer irgendwie gleich, alle Leute sind nur auf sich fixiert und über die Kohle die man in ein paar Stunden aufn Kopf kloppt, wollen wir hier erst gar nicht reden. Inzwischen gebe ich mein Clubgeld lieber für bleibende Erinnerungen aus, für ein Stück mehr Freiheit, für Förderung meiner Hirnzellen und meines Körpers. Ich mache lieber Wochenendausflüge als morgens betrunken Heim zu kommen und den ganzen Tag völlig unfit durch die Gegend zu stolpern. Ich habe mich für das Kontrastprogramm entschieden. Zeitig ins Bett gehen, früh aufstehen und den Tag nutzen. Wahrscheinlich ist das auch ein Zeichen des Erwachsen Werdens, eine beängstigende Sache der ich immer noch versuche aus dem Weg zu gehen.

Ich hatte Anfang des Jahres einen Reisebericht über die sächsische Schweiz gesehen und mir war klar, dass wird mein Ziel für den Sommer. Ich hatte mir eine tolle Tour überlegt. Mit dem Zug nach Bad Schandau und dann etappenweise mit dem Rad nach Dresden zurück und 2 Nächte irgendwo verbringen um mehr Zeit für Ausflüge zu haben. Ich hatte mir das alles so schön ausgemalt aber die Unterkunftspreise sind im Sommer einfach nichts für mein schmales Budget und da dieser Sommer recht wechselhaft war und man nicht weit im Voraus buchen konnte, gab es eh keine große Auswahl. Ich lies meinen Plan wieder sausen.

Fürs Wochenende war bomben Sommerwetter angesagt und ich hatte noch nichts vor. Ich hatte die letzten Monate immer mit jemandem das Wochenende verbracht und nach den vielen Leuten die ich letzte Woche beim Highfield um mich hatte, brauchte ich dieses Wochenende mal etwas "Me-time".

Ich beschloss zum Sightseeing nach Dresden zu fahren. Schiff fahren wollte ich auch und so heckte ich kurzerhand den Plan aus, von Dresden mit dem Schiff (20€) nach Kurort Rathen zu fahren und auf die Bastei zu wandern, damit ich mein Ziel für diesen Sommer wenigstens ein bisschen erreicht hatte.


Samstag ging es 7:35 Uhr mit der S-Bahn zum Bahnhof und von dort um 8 in 1,5 h nach Dresden Hauptbahnhof. Von dort dann mit der Straßenbahn zum Theaterplatz. Mein gebuchtes Linienschiff sollte 10:15 Uhr abfahren und ich war ca. 25 Minuten vorher da. An der großen Tafel stand was von Anleger 1 also ging ich dort hin und war etwas verwundert, als das Schiff gerade ablegte. Mit wurde erklärt, dass mein Schiff heute von Anleger 7 fahren würde und ich mich lieber beeilen sollte, weil das ein Stückchen zu laufen ist. Ein Stückchen?! Das war nen Kilometer! Gaaaanz dort hinten stand mein Schiff. Ich legte einen Sprint ein, bei 30 °C und praller Sonne. Ich kam gerade noch rechtzeitig um mir den letzten freien Platz an Oberdeck zu sichern und ich hatte solches unfassbare Glück. Ich saß ganz außen an einem Tisch, neben mir keiner und dann auch noch auf der richtigen Seite (also die wo man die ganzen Villen und Schlösser sieht). Ich war schon vor Ablegen des Schiffs begeistert.











Es war ein Schaufelraddampfer der sächsischen Dampfschifffahrtsflotte. Die Pillnitz. Ein schönes auf alt gemachtes Schiff und was ich bei den sommerlichen Temperaturen und der prallen Sonne noch besser fand, es gab ein Sonnendach, sodass man schön im Schatten saß aber trotzdem alles sah.



Ich bestellte mir einen Pott Kaffee, holte mein Schnittchen raus und ab ging die wilde Fahrt. Obwohl wild war sie eher nicht. Der Kahn tucklelte mit gemütlicher Schrittgeschwindigkeit die 30 km Elbe aufwärts in grandiosen 3,5 h. Die Bahn braucht 30 Minuten. Aber hey, hier war eindeutig der Weg das Ziel. Mit voller Kraft raus aus Dresden und dabei dem regen Verkehr am Elbufer zugesehen.





Was war ich begeistert. Mein Ausblick und das Wetter waren grandios und was es nicht alles zu sehen gab. Ein Traum. Ich war richtig gerührt bei so einem schönen Anblick.

Zu erst ging es an den Elbschlössern vorbei. Die hatte ich vor Jahren mal vom Stadtrundfahrtbus aus bestaunt und freute mich jetzt umso mehr näher daran vorbei fahren zu können.






Dann kam das "blaue Wunder". Eine ehemals blaue Brücke die 1893 fertig gestellt wurde. Angeblich soll sie grün angestrichen worden sein aber nach einer Nacht auf einmal blau gewesen sein, daher der Name.














Danach wurde es ländlicher. Die Elbwiesen wurden breiter und idyllischer. Dort eine Weide mit Pferden, hier eine Möwe am Elbstrand, viele Radfahrer und in den Wiesen auch mal ein Zelt. Und dazwischen immer wieder diese hübschen Villen in den Stadtteilen die alle auf Witz enden wie Blasewitz, Tolkewitz, Löschwitz. Außerdem war weithin der Dresdner Fernsehturm zu sehen. Mir war bis dato nicht mal bewusst, dass Dresden einen Fernsehturm hat. Da Dresden zu DDR Zeiten das Tal der Ahnungslosen genannt wurde (da Rundfunkempfänger nicht allzu viel an Programm zu bieten hatten) schien das Ding keinen allzu guten Job zu machen.

















Wir legten immer mal an damit man von oder an Bord gehen konnte.








Dann kam Schloss Pillnitz - wer noch nie dort war, schaut es euch an. So wunderschön und nach dem letzten Hochwasser alles ganz zauberhaft restauriert und ein sehr schöner Schlosspark.






Nachdem wir Pirna passiert hatten wurde die Landschaft interessanter mit mehr Ecken und Kanten - der Beginn des Elbsandsteingebirges bzw. der sächsischen Schweiz.





Die Sandsteinfelsen gingen schroff gen Himmel und davor standen vereinzelt romantische kleine und größere Häuschen fast genau an der Elbe. Wunderschön, wenn nicht gerade eine Jahrtausendflut vor der Haustür lauert wie 2002 oder 2013. An einigen Häusern waren Hochwassermarken angebracht, die richtiggehend unwirklich wirkten. Das die so milde Elbe solch Zerstörungswut entwickeln konnte ist mir unvorstellbar.
dort wo über dem hintersten Fahrradfahrer der Strich am weißen Haus ist, stand 2002 das Wasser


Auf der Elbe war einiges los. Dampfschiffe, kleine Fähren, Ruderboote, Kanus und sogar einige Schwimmer. Die Wasserqualität soll sich in den letzten Jahren signifikant verbessert haben. Als Kinder waren wir auch immer in der Elbe baden und was da immer so rum trieb, würde mich eher von einem Bad in der Elbe abschrecken.



Nach 3,5 h war es geschafft und ich in Kurort Rathen. Ich hatte mehrmals versucht dort eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Als ich das, aus gefühlt 20 Häusern, bestehende Örtchen sah, wusste ich warum das in der Hauptsaison nicht möglich war.












Alle strömten Richtung Bastei oder Felsenbühne. Ich setzte mich erst mal an die Elbe und machte eine Vesper. Was für ein perfekter Ort dafür. Vor mir die Elbe mit den ganzen Schiffen, auf der anderen Seite die steilen Felsen und ich mittendrin im grünen Gras. Ein ganz besonderer Moment an diesem Tag. Ich fühlte mich entschleunigt. absolut zufrieden mit mir und der Welt. Solche Momente sind die die meine Akkus wieder aufladen auch wenn sie nur einen Augenblick dauern.





Nach der Stärkung und der absoluten Ruhe, da irgendwie kein Mensch den Weg dort hin gemacht hatte, ging ich los Richtung Bastei. Erst durch das winzige sehr touristische Örtchen was durch seine Blumenkästen und niedlichen Restaurants irgendwie so bayrisch gemütlich wirkte.






Es ging Treppen bergauf in den Wald hinein. Angenehm kühle Luft schlug mir dort entgegen aber ich schwitzte trotzdem als gäbe es kein Morgen mehr. Mir lief die Suppe aus allen Poren. 







Der Aufstieg war Menschentechnisch recht angenehm, denn die meisten waren schon fertig und kamen mir entgegen. In kurzer Zeit und Distanz macht man einige Höhenmeter, sodass man sich nach ca. 15 Minuten schon auf dem ersten Aussichtspunkt hoch über der Elbe wieder fand.



Wow! So hatte ich mir das vorgestellt. Meine Höhenangst machte sich nur kurz bemerkbar. Jetzt war ich einmal hier, jetzt musste ich den Ausblick auch genießen und das tat ich. Die Elbe glitzerte in der Sonne, die bunten Boote leuchteten und in der Ferne war die Festung Königsstein auszumachen.
 
Es ging weiter nach oben durch Felsspalten zum nächsten Aussichtspunkt. Wieder atemberaubend und noch ein ganz schönes Stückchen höher.

Der Weg war sehr angenehm und touristisch ausgebaut, trotzdem hatte ich das Gefühl als wenn ich die einzige war, die da mit Sandalen und nicht mit Wander- bzw. Turnschuhen hoch machte. Aber wenn man halbwegs feste und vernünftige Sandalen hat, war das bei dem Weg auch kein Problem.

Dann lag sie vor mir die Felsenburg, die Bastei. Ich hatte mir das irgendwie anders vorgestellt und anders in Erinnerung. Irgendwie breiter. Aber schön war es dennoch, nur recht überlaufen, da von der anderen Seite auch Menschen heranströmten die die Straße hinauf genutzt hatten. Sogar eine Gruppe Behinderter begegnete mir dort oben. An sich war es sehr voll und sehr international da sich eine große Gruppe Erasmus Studenten aus aller Welt dort oben herum trieb.







Leider war der Hauptaussichtspunkt gesperrt aber die vielen anderen wunderschönen Sichtpunkte eigneten sich trotzdem für bestes Fotomaterial. Nach einer langen großen Runde dort oben mit vielem Staunen, hunderten Fotos und einem kurzen Getränkzwischenstopp machte ich mich langsam wieder auf den Weg nach unten.





Das war dann rein schweißtechnisch nicht so anstrengend aber ging dermaßen auf Knie und Oberschenkel. Ich merke heute, 2 Tage danach jeden einzelnen Muskel in meinen Beinen und stelle mich beim Treppen steigen an wie eine 90 jährige.

Als ich wieder unten war wollte ich noch mal Richtung Felsenbühne, allerdings war dort gerade eine Vorstellung in Gange, sodass ich nicht weiter rein durfte. Deshalb ging ich noch ein Stück weiter zum Amselsee. Ein süßer langgezogener See mitten im Wald mit traumhafter Aussicht auf einen Felsen. Auf dem See konnte man Ruder- oder Tretboot fahren. Ein sehr idyllisches Fleckchen Erde. Man mag es ja nicht glauben aber nachdem ich dort eine Weile auf einer Bank im Schatten gesessen hatte, war mir richtig kühl geworden. 


 
Während ich dort saß, beobachtet ich die Kletterer am Felsen. Für mich alles ein Haufen Irrer. Ich bekam schon vom Zugucken schweißnasse Hände.

Dann ging es langsam zurück Richtung Fähre, da der Zug von der anderen Elbseite abfuhr. Eine Fahrt ein Euro und es passten 322 Menschen drauf und ich glaube, das Limit wurde auch fast erreicht, denn die Aschenbrödel Vorstellung in der Felsenbühne war zu Ende und die Familien mit Kindern strömten Richtung Parkplatz und Zughaltestelle und ich strömte mit. 





 

Mein Kameraakku war inzwischen völlig leer. Normalerweise hält der mindestens 2 Tage aber meine Bilderflut scheint er wohl nicht verkraftet zu haben, deshalb musste ich auf die Handykamera umsteigen, was bei gutem Wetter, schönen Fotos ja keinen Abbruch tut.

17:25 Uhr ging der nächste Zug zurück nach Dresden (6,30€). Die halbstündige Fahrt an der Elbe lang war so entspannend, dass ich fast weggenickt wäre aber keine Müdigkeit vorschützen, denn ich hatte noch ein bisschen was vor in Dresden. 

Das volle Sightseeingprogramm in 2,5 h, denn 20:45 ging mein Bus zurück nach Leipzig. Ich stieg in Dresden Mitte aus, wusste nicht so genau wo ich eigentlich war und irrte ein wenig durch die menschenleeren Straßen bis ich am Zwinger wieder raus kam. Ich kenne Dresden natürlich und war schon diverse Male dort aber trotzdem muss man in dieser Stadt einfach Sightseeing machen, denn das ist doch was die Stadt ausmacht. 

 
 
 Also einmal quer durch den Zwinger und auf den Theaterplatz wieder raus, noch kurz die ganzen schick gekleideten Menschen bestaunt die in die Semperoper zu La Boheme wollten. Dann ging es auf die Elbbrücke um die Dresdner Skyline zu bewundern. Dabei erschrak ich über die km lange Schlange die zum Silbermond Konzert am Elbufer wollten. 

Ich setzte mich eine Weile auf die Promenade und während viele in die umliegenden Restaurants strömten vernaschte ich noch mein letztes belegtes Brötchen und guckte ein wenig in der Gegend rum. Das spannendste ist und bleibt Menschen zu beobachten.

Weiter ging es durch die enge Gasse zur Frauenkirche. Da auch noch das notwendige Fotoprogramm absolviert und zum Markt. 

Dort war dann mein Sightseeingprogramm angehakt und es ging noch eine winzige kleine Runde shoppen in der Altmarktgalerie.








Danach ging ich die völlig umgestaltete Prager Straße herunter. Ich muss ja neidlos anerkennen, dass Dresden doch noch einige Geschäfte mehr hat als die Leipziger Innenstadt, dafür haben wir die schönere Bausubstanz erhalten bekommen *räusper*.





Inzwischen war ich doch ganz schön fußlahm und war froh als mein Bus pünktlich kam und mich überpünktlich in Leipzig absetzte.

Und egal wo ich war und wie schön es dort war, wieder in Leipzig anzukommen erfüllt mein Herz jedesmal mit vollkommener Zufriedenheit.

Alles in allem war es ein super anstrengender Tag, der einfach nur rundum perfekt war, von dem ich sehr lange zehren und schwärmen werde und der meine Akkus vollständig wieder aufgeladen hat. 

Wollen wir hoffen, dass die nächsten Wochenenden weiterhin so wunderschönes Spätsommerwetter ist, damit ich bis zum trüben Winter immer wieder Energie sammeln kann.




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Minimalismus - Reisen mit leichtem Gepäck - Das Packstück Teil 1

Coldplay - Chris Martins große Kindergeburtstagsparty 14.6.17 Red Bull Arena Leipzig

23.12.2013 - Südostasien - Koh Phi Phi: i want to live here