VIA Rail Canada - in 18 h mit dem Zug von Jasper nach Vancouver - 11.7.-12.7.

Sitzen, warten, sitzen, essen, gucken, nachdenken, schlafen, sitzen, essen, gucken - so vielleicht eine kurze Zusammenfassung der Reise.

Wegen der Waldbrände die aktuell um Ashcroft toben, was an der Strecke nach Vancouver liegt, war lange Zeit nicht klar, ob der Zug überhaupt fahren könne. Er konnte -  zum Glück! Allerdings mit bereits vorab angekündigter Verspätung. Die erste Info die ich bekam war, dass der Zug 16:30 ankommen würde. Nun ja, er kam so kurz nach 6. Eigentliche Abfahrtszeit war 14:30. 

Ich hatte ein "billiges" Economy Ticket ohne Sitzplatz (ca. 120€ - eines mit Sitzplatz das doppelte). Ich war eine der ersten in der Economy Schlange. Nun hieß es warten, erst bis der Zug kam und dann bis alle einpack-, umräum- und aufräum - Aktionen durchgeführt waren, was ca. 1 h dauerte. Dann wurde das Tor geöffnet und als letztes durften die Economy Gäste in die ersten 5 Wagen des Zuges einsteigen. Es ging ein bisschen zu wie bei einem Konzert. Die Massen strömten in den Zug. Ich fand schnell einen schönen freien Sitzplatz aber pah, denkste. Ein junger Mann erklärte mir, dass alle wo ein blaues Schild dran ist, schon besetzt sind und die Leute nur grad aus dem Zug raus sind um sich was zu essen zu kaufen. Na schöne Scheiße. Hier hatten doch fast alle ein blaues Schild. Die anderen jungen Leute strömten an mir vorbei (Via Rail Canada hat zum 150. Geburtstag des Landes ein schönes Angebot für Kanadier unter 25 rausgebracht. Sie dürfen im Juli für nur 150C$ mit allen Zügen des Landes fahren, was auch rege genutzt wird)
Ich war inzwischen leicht panisch, da ich doch unbedingt einen Sitzplatz am Fenster wollte. Im letzten Eckchen des ersten Wagens bekam ich einen Fensterplatz, zwar nur ein halbes Fenster aber besser als nichts. Und wie geräumig, dass hier war. Viel mehr Platz als im Flugzeug. Der Platz war zwar genau neben den Toiletten und somit herrschte immer reges Begängnis aber sowas stört mich nicht. Ich setz mich in mein Eckchen, gucke aus dem Fenster und vergesse alles um mich rum. Halb 8 fuhr der Zug endlich los. Somit mit 5 h Verspätung. 




Ich konnte noch ein paar schöne Sonnenuntergangsbilder machen (wieder das Problem mit der Fahrt und der dreckigen Scheibe), schmiss mir eine Art Grippe/Schlaftablette wegen meiner Erkältung ein und schlummerte dann gegen halb 10 schon weg. Und dann schlief ich sage und schreibe 8 h durch. Naja mehr oder weniger. Streckenweise ratterte der Zug ordentlich und auch als wir um 4 in Kamloops hielten wurde ich kurz wach. Von den Waldbränden bekam ich wegen der Dunkelheit und meines Schlummerzustandes nichts mit. Als ich halb 6 dann langsam wach wurde, war es draußen schon hell und wir fuhren gerade durch einen Canyon, vorbei an einem Fluss. So möchte man doch jeden Morgen aufwachen, vielleicht aus einer bequemeren Schlafposition aber gut.


Angeblich soll das hier ja die schönste Zugfahrt der Welt sein, weshalb ich sie auch mache, und es ist wirklich atemberaubend schön aber ich bin ja nun ein bisschen verwöhnt was Panoramazugfahrten durch schöne Landschaften angeht und muss deshalb sagen, die Fahrt in Sri Lanka von Ella nach Nuwara Eliya war schöner, aber aus dem ganz einfachen Grund, dass keine nervige schmutzige Glasscheibe zwischen mir und tollen Fotos war. Aber bis auf das Glasscheibenproblem ist es wahnsinnig schön. Ich habe endlich einen Weißkopfseeadler gesehen. Berge, Täler, Flüsse, Canyons, in sehr großen Abständen mal ein Haus. Das wilde echte einsame Kanada strömt an einem vorbei und das fühlt sich verdammt gut an. So nach Freiheit.

Ich nutzte mein zeitiges Munter sein um auch endlich mal in den Skydome zu gehen. Man geht ein paar Stufen nach oben und sitzt dann quasi in einer Glaskuppel und hat einen noch besseren Blick auf die wunderschöne Landschaft . Allerdings ist es dort auch noch kälter, vielleicht soll so verhindert werden, dass sich die Leute dort fest sitzen, denn das kann bei dem schönen Ausblick schnell passieren.

Ansonsten ist alles wie in normalen Zügen auch. Es gibt eine Art Speisewagen wo es zum einen Snacks und Kaffee gibt (zu ein bisschen teureren aber immer noch okayen Preisen) und zum anderen hätte man dort auch richtige Mahlzeiten bestellen können, denn ein Koch versucht dort auch auf engstem Raum sein bestes zu geben. Mehr als einen Kaffee habe ich aber von dort nicht benötigt, denn ich hatte mir ja ein ordentliches Lunchpaket vorab zusammen gestellt.

Lobend muss ich erwähnen, dass das Bordpersonal auch ständig die Toiletten gereinigt hat, sodass immer alles da war und sauber. 

Alles ist von der Art her wie im Flugzeug. Die Tolietten sehen genauso aus und die Luft im Zug ist genauso eklig trocken wie im Flugzeug, da man die Fenster nicht öffnen kann.


Gegen Mittag wollte das Bordpersonal dann noch alle Essensreste los werden deshalb gab es kostenlose Sandwiches, Kekse, Kaffee und Saft für alle. Tolle Aktion! Bevor es weg geworfen wird, wird es verschenkt. Klasse! 

Die Zugfahrt war an sich recht entspannt. Ich bin langes sitzen gewöhnt und sitzen mit Aussicht stört mich noch weniger.

Richtig anstrengend wurde die Reise dann erst in den letzten 2  Stunden, denn wir waren mittlerweile in den Suburbs von Vancouver, die Stadt war zum Greifen nahe aber der Zug fuhr nur mit Blumen-pflück-Geschwindigkeit oder gar nicht weil wieder 2 km lange Güterzüge (ja, die Güterzüge können hier echt bis zu 2 km lang sein. Verrückt oder?!) entgegen kamen. Dann kam das Bordpersonal durch und meinte nur noch 15 Min bis zur Ankunft. Alle freuten sich - denkste. Der Zug stand. Dann sahen wir den Bahnhof schon, waren aber irgendwie auf dem falschen Gleis und mussten wieder Rückwärts fahren und standen dann dort 20 Min weil wir keine Einfahrtgenehmigung bekamen. Puhhh war das nervig. 

Dann endlich am Bahnhof, ärgerte ich mich gleich warum ich Blödwurst meinen Koffer überhaupt aufgegeben hatte. Ich reise doch extra mit Handgepäck um mir sowas zu sparen. Denn es dauerte eine Ewigkeit. Alle versperrten das Kofferband, sodass man gar nicht sah wann sein Koffer vorbei fuhr. Dann hatten ein paar die kluge Idee eine Menschenkette zu bilden und alle Koffer vom Band zu holen und in die Mitte zu stellen, damit sie dort abgeholt werden können. An sich eine tolle Idee. Fanden die Herren von der Security aber nicht und stoppten das unternehmen. Mein Koffer hatte es bis dahin aber zum Glück schon vom Kofferband geschafft und ich konnte endlich mein 1,3 km entferntes Hotel ansteuern, was ich auch den Rest des Tages nicht mehr verließ, da ich einfach nur noch schlafen wollte.

Fazit:
Wer schnell vorwärts kommen will, sollte nicht den Zug nehmen aber wer langsames Reisen mit wundervollen Aussichten liebt, für den ist diese Panorama Zugfahrt genau das richtig!

Persönliche Gedanken:
Es geht nach Vancouver. Von Vancouver werde ich wieder zurück fliegen. Zwar erst in 2 Wochen aber in mir machte sich trotzdem enorme Panik breit. Denn egal wie anstrengend alles ist. Ich krank bin. Ich nicht immer gesund esse. Ich Sonnenbrand habe. Mir meine Füße von den Km Märschen weh tun. - Ich bin glücklich!

Ich will nicht, dass das hier endet, denn das hier fühlt sich so unfassbar echt und richtig an. So wie das Leben immer sein sollte.


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